Handelsstreit/-krise und Herausforderungen für die Kommunikation
Dr. Götz Schlegtendal, Managing Partner München, 29. November 2021
Anscheinend haben doch die Wirtschaftsfachleute recht, die der Meinung waren, dass es einfacher sei, die Wirtschaftskreisläufe zu bremsen, als sie wieder hochzufahren. In nahezu allen Bereichen scheint es derzeit zu klemmen. Klagen Automobil- und Elektroindustrie über fehlende Chips, so fehlen bei den Discountern Aktionswaren. Die Gaspreise haben sich teilweise verdoppelt und verdreifacht. Gewarnt werden Besitzer von Dieselfahrzeugen, die neben Kraftstoff regelmäßig den Zusatz AdBlue tanken müssen, denn ohne das Abgasreinigungsmittel auf Basis von Ammonik bleiben die Autos schlimmstenfalls stehen. Gas für die Herstellung von Ammoniak, dem Grundstoff für AdBlue fehlt aber, da die Gaspreise so gestiegen sind. Wie in einem Dominospiel wirft ein Stein den nächsten um.
Stauen sich vor amerikanischen oder chinesischen Häfen Containerschiffe, dann fehlen die Container an anderer Stelle. Ohnehin gibt es schon Probleme, weil die Container an falschen Orten stehen, die Schiffe an anderer Stelle fehlen, sich die Containerwaren sowie die Rohstoffe auf Frachtern und Tankern stapeln, denn die Weltwirtschaft fährt nicht im Gleichklang hoch. Zunehmend führen Engpässe bei bereits kürzeren Wertschöpfungsketten zu Problemen. Die langen, komplexen Zulieferketten waren schon früher betroffen.
Neben den Problemen mit nicht mehr funktionierenden Lieferketten kommen steigende Rohstoffpreise hinzu. Die steigende Inflation führt zu neuen Herausforderungen, auch wenn von staatlichen Stellen beschwichtigt wird, die Inflation sei nur temporär. Werte von rund 4,5 Prozent in Deutschland oder 6 Prozent in den USA, lassen nicht wirklich eine schnelle Rückkehr zur Normalität erwarten. Und über allem schwebt das Damoklesschwert der horrenden Staatsverschuldung und der sie begleitenden Maßnahmen zur Stabilisierung: Die europäische Notenbank ist zum führenden Finanzierer von Unternehmen und Staaten in der EU geworden. Sind Zinserhöhungen zur Bekämpfung der Inflation überhaupt noch möglich? Auf der anderen Seite lauert das Thema Nachhaltigkeit, dass viele Unternehmen zur kostspieligen Veränderung ihrer derzeit arg lädierten Geschäftsmodelle zwingt.
Für die Unternehmenskommunikation bedeutet das mehr Arbeit, weniger Planbarkeit, mehr Überraschungen: Welche Konsequenzen haben bestimmte Engpässe? Welche Risiken gibt es? Wie reagiert ein Unternehmen? Wie exponiert ist ein Unternehmen?
Im Bereich Investor Relations müssen die Verantwortlichen die Erwartungen von Analysten und Investoren noch besser steuern als in normalen Zeiten. Es gilt die Risiken, deren Eintrittswahrscheinlichkeit und mögliche Konsequenzen aufzuzeigen und dem Kapitalmarkt eine Interpretation anzubieten. Wie immer gilt: Unsicherheit schadet. Transparenz und Einordnung verringert die Kollateralschäden.
Auch Nachhaltigkeit spielt eine wichtige Rolle. Nachhaltiges Wirtschaften ist nämlich mehr als Klimaschutz oder Diversität. Nachhaltigkeit bedeutet auch, Risiken und Chancen zu erfassen und ggf. entsprechende Maßnahmen zu ergreifen. Risiken, die sich auch entlang der Wertschöpfungskette bilden und sogar kumulieren können. Natürlich ist das, was wir derzeit erleben, eine neue Dimension. Aber idealerweise bedeutet nachhaltiges Wirtschaften, dass solche Herausforderungen das Geschäftsmodell nicht gefährden.
Wenn Probleme zu groß werden oder nicht mehr zu steuern sind, schlägt die Stunde der Krisenkommunikation. Transparenz und das Aufzeigen, was an Gegenmaßnahmen unternommen wird, sind dann wichtig – mit Kunden und Kundinnen, Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen, Partnern und Partnerinnen und der Öffentlichkeit. Vertrauen bewahren oder rechtfertigen, sind die Kernaufgaben.
Die Herausforderungen durch die Auswirkungen der Pandemie werden uns alle noch lange beschäftigen. Nehmen Sie sich die Zeit, informieren Sie sich in Ihrem Unternehmen, welche Risiken bestehen, und planen Sie vor. Wir unterstützen Sie gerne.